Ovid

Ovid
Ovid,
 
eigentlich Publius Ovidius Naso, römischer Dichter, * Sulmo (heute Sulmona) 20. 3. 43 v. Chr., ✝ Tomis (heute Konstanza) etwa 17 n. Chr. Wie Ovid in seiner poetischen Autobiographie (»Tristia«, 4, 10) berichtet, sollte er sich, aus wohlhabender Ritterfamilie stammend, in Rom auf die Ämterlaufbahn oder den Anwaltsberuf vorbereiten. Nach dem Studium der Rhetorik bekleidete er verschiedene öffentliche Ämter, wandte sich jedoch bald der Dichtkunst zu und war nach Horaz' Tod der gefeiertste Dichter der Hauptstadt. 8 n. Chr. wurde er nach Tomis verbannt, wohl, weil er Mitwisser des ausschweifenden Treibens von Augustus' Enkelin Julia war. Vergebens erstrebte er eine Begnadigung.
 
Ovids Stoffe entstammen dem griechischen Mythos, der römischen Überlieferung und der eigenen Erlebniswelt. Schon sein erstes Werk machte Ovid berühmt, die »Amores« (Liebesgedichte), eine Sammlung von Elegien, in deren Mittelpunkt er eine fiktive Geliebte, Corinna, stellte und in denen er als witziger, genießender, triumphierender Liebhaber erscheint. Es folgten die »Epistulae« oder »Heroides«, Liebesbriefe von mythischen Personen, im elegischen Maß, eine Reihe meisterhafter psychologischer Studien. Die Krönung dieser Dichtungen ist die »Ars amatoria« (Liebeskunst), ein graziös-leichtfertiges erotisches Lehrgedicht, ebenfalls in Distichen. In Ovids nächster Lebensepoche bis zur Verbannung entstanden zwei große erzählende Dichtungen: die »Metamorphosen« (Verwandlungen) im epischen und die »Fasti« (Festkalender) im elegischen Maß. Die »Metamorphosen«, ein Kranz von Sagenerzählungen über Verwandlungen von Menschen in Tiere, Pflanzen u. a., von der Weltschöpfung bis zur Vergöttlichung Caesars, wurden - neben der Bibel - zur wichtigsten literarischen Quelle der europäischen bildenden Kunst. Ebenfalls ein Meisterwerk des Erzählens sind die (unvollendeten) »Fasti«. Darin werden zu den einzelnen Festen und Erinnerungstagen des römischen Kalenders die mit ihnen verknüpften Sagen erzählt, Namen und Kultbräuche erklärt. Aus Ovids Verbannungszeit stammen die »Tristia« (Trauerlieder) und die »Epistulae ex Ponto« (Briefe vom Schwarzen Meer), in deren Zentrum das eigene Schicksal des auf Rückkehr hoffenden Dichters steht. Neben diesen Hauptwerken sind einige weniger bedeutende Dichtungen erhalten, anderes, wie die Tragödie »Medea«, ist verloren; dagegen sind mit Ovids Namen auch nicht von ihm stammende Werke verbunden (Pseudo-Ovid).
 
Ovid ist der Dichter der gesicherten augusteischen Friedensordnung und ihrer verwöhnten hauptstädtischen Gesellschaft. Sein Stil ist voller Witz und Anmut, brillant und stets klar, seine Fantasie unerschöpflich, sein Versbau formvollendet. Die nie unterbrochene Wirkung seines Werks erreichte im 11. Jahrhundert einen ersten, in Renaissance und Barock einen zweiten Höhepunkt. Dass es auch noch in der Gegenwart unmittelbar fruchtbar ist, zeigt v. a. C. Ransmayrs Roman »Die letzte Welt« (1988).
 
Ausgaben: Werke, 19 Bände (1-31838-67); Die Metamorphosen, herausgegeben von R. Ehwald und anderen, 2 Bände (4-91915-16, Nachdruck 1966-75); Werke, herausgegeben von demselben, 3 Bände (1915-32); Die Fasten, herausgegeben von F. Bömer, 2 Bände (1957-58); F. Bömer: Metamorphosen. Kommentar, 7 Bände (1969-86).
 
 
O. im Urteil der Nachwelt, bearb. v. W. Stroh (1969);
 H. Fränkel: O. Ein Dichter zw. zwei Welten (a. d. Engl., 1970);
 B. Otis: O. as an epic poet (Cambridge 21970, Nachdr. ebd. 1975);
 R. Syme: History in O. (Oxford 1978);
 
O., hg. v. M. von Albrecht u. a. (21982);
 
Die Rezeption der »Metamorphosen« des O. in der Neuzeit, hg. v. H. Walter u. H.-J. Horn (1995);
 M. Giebel: O. (12.-13. Tsd. 1997);
 N. Holzberg: O. Dichter u. Werk (1997).

Universal-Lexikon. 2012.

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